FrauenGestalten Weimar-Jena um 1800: Ein bio-bibliographisches Lexikon
Das vorliegende bio-bibliographische Lexikon der Reihe Ereignis Weimar-Jena: Kultur um 1800, Ästhetische Forschungen versteht sich als ein wichtiger, grundlegender Beitrag zur Untersuchung “der Konfiguration, Weimar-Jena um 1800 und zur Frauen- und Geschlechtererforschung” (14). Ohne dies direkt anzusprechen, scheint dieser Band in seiner Intention von dem von Elke P. Frederiksen und Elizabeth G. Ametsbichler herausgegebenen Band Women Writers in German-Speaking Countries: A Bio-Bibliographical Critical Sourcebook (1998) inspiriert zu sein. Jedenfalls erscheint dieser Titel mehrfach in bibliographischen Hinweisen.
Anders als Frederiksens und Ametsbichlers kritisches Überblickswerk oder literaturwissenschaftliche Studien wie Jo Catling (ed.), A History of Women’s Writing in Germany, Austria and Switzerland (2000) und Helen Fronius, Women and Literature in the Goethe Era 1770–1820 (2007), die sich ausschließlich auf Literatinnen konzentrieren, stellen die hier vorliegenden 95 Kurzbiographien und Bibliographien Frauen vor, die mit ihrer Tätigkeit in Weimar und Jena “die Kultur . . . um 1800 weit über die Grenzen des (Groß-) herzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach hinaus” (11) auf die vielfältigste Weise geprägt haben. Damit demonstriert das Lexikon überzeugend, wie auch Frauen an dem sogenannten “Synergieeffekt” teilhaben, der sonst hauptsächlich mit Goethes und Schillers [End Page 320] Wirken verbunden wird. Diesem Nachschlagewerk gelingt es ebenfalls zu zeigen wie diese Frauen Bahnbrechendes für die Emanzipation der Frau von ihrer begrenzten Rolle als Ehefrau und Mutter leisteten, indem sie sich Ansehen in öffentlichen Rollen als Gastgeberinnen intellektueller Zirkel, Künstlerinnen, Schriftstellerinnen, Herausgeberinnen, Übersetzerinnen, Lehrerinnen, Vereins- und Existenzgründerinnen verschafften.
In ihrer Einleitung betonen Freyer, Horn und Grochowina die strikte Anwendung von drei zentralen Kriterien bei der Auswahl der Porträts, die alle zusammen in jedem Fall erfüllt werden müssen, um das Argument von der Allgemeingültigkeit der kulturellen Signifikanz dieser Gruppe von Frauen zu untermauern: “Zum ersten sollen die Frauen zwischen 1770 und 1830 in Weimar oder Jena gelebt haben oder hier zu Besuch gekommen sein. Zum Zweiten sollten sie durch ihr Leben oder Engagement nachhaltig gewirkt haben oder gestalterisch hervorgetreten sein. Und zum Dritten sollten sie in dem Maße gesell-schaftlich aktiv und personell vernetzt gewesen sein, daß sie mit ihrem Wirken nachweislich Synergieeffekte auslösten” (13). Diese Kriterien ermöglichen es, daß “das Lexikon Frauen von unterschiedlich sozialer Herkunft, aus verschiedenen Generationen und mit vielfältigen gesellschaftlichen und kulturellen Ambitionen” (13) in Verbindung bringt. Unter den Porträts erscheinen allgemein bekannte und schon erforschte Namen der literarischen Welt wie Bettina (Brentano) von Arnim, Dorothea Schlegel-Schelling, Sophie von La Roche, und Germaine de Staël und wenig bekannte, mit ihren Verdiensten kaum verzeichnete, wie Johanna Maria Buchholz, Textilunternehmerin, Charlotte Leidenfrost, Gründerin einer Lehr-und Bildungsanstalt für Mädchen oder Caroline Kirms, Gartengestalterin und Blumistin.
Die Biographien sind alphabetisch geordnet und deren Verbindungen untereinander durch ein ausführliches Register ausgewiesen. Die meist zwei-seitigen Einträge fassen prägnant die Lebensumstände, Wirkungsbereiche sowie Leistungen der ausgewählten Frauen zusammen. Außerdem enthalten sie Querverweise zu Berührungspunkten mit anderen Biographien der Sammlung. Am Anfang der Biographien findet man, so weit verfügbar, eine Abbildung der jeweiligen Frau und ein Regest mit ihrer gesellschaftlichen Stellung, Tätigkeit und Bedeutung nebst den Daten ihres Aufenthalts in Weimar/Jena. Auch enthalten die Bibliographien “Angaben zu Werken, Quellen und Sekundärliteratur . . . und geben damit sowohl einen Überblick zum jeweils aktuellen Forschungsstand als auch Hinweise für weiterführende Forschungen” (14–15).
Das Lexikon stellt überdies den Anspruch, durch seine Konzeption und “die Zusammenstellung unterschiedlichster Lebensläufe zu neuen Fragestellungen anregen” (15). Die Aufnahme von ungedruckten Quellen leistet eine wertvolle Orientierungshilfe für konkrete Archivforschung zu einer Vielzahl von Themenbereichen. Einige Biographien enthalten sogar direkte Forschungsvorschläge, wie den folgenden: “Gelegentlich übersetzte Charlotte von Schiller fremdsprachige Romane und Gedichte oder übertrug Passagen deutscher dramatischer Stücke ins Englische. Eine ausführliche literaturwissenschaftliche Untersuchung ihrer Schriften steht jedoch noch aus” (298). Zu Elizabeth Gore wird hervorgehoben: “Da die Forschung bisher vernehmlich auf die künstlerische Tätigkeit von Charles Gore fokussiert war, steht es allerdings...